Schatzi und ich haben seit Ende April (also gut 6 Wochen) den Betta splendens einer Bekannten zur Pflege - er heißt Nemesis und ist etwa 2 Jahre alt.
Er kommt von einem Privatmenschen hier vor Ort, der ihn auf Leitungswasser gezüchtet hat, und lebt seit Februar 2021 bei seiner Besitzerin. Hier vor Ort haben wir hartes Wasser - zwischen den drei Stadtteilen, in den er bisher gelebt hat, schwankt es zwischen GH 12 bis 20, KH 10 - 14, pH 7,5-8 (aktuelle Werte siehe unten).
Seine Besitzerin ist leider krank geworden und wird sich noch eine ganze Zeit nicht kümmern können. Zwischendurch hat sich eine Nachbarin gekümmert (für etwa 4 Monate), die sonst immer nur mal die Urlaubspflege gemacht hat - sie hat sich große Mühe gegeben, täglich gefüttert, Wasser gewechselt, hat aber keine weitere Erfahrung und wurde zunehmend hilfloser. Das ist gar nicht böse gemeint - sie wusste leider lange nicht, dass wir im Hintergrund bereit standen und gerne eingesprungen wären. Wir sind darum erst recht spät ins Spiel gekommen. Kurz danach war klar, dass die Wohnung aufgelöst werden muss - und der Fisch ganz schnell umziehen sollte.
Situation vor der Pflege / zuhause:
Nemesis lebt in einem 38l Becken. Beleuchtung 7 Stunden am Tag, aber mit viel direkter Sonne über's Fenster. Eigentlich mit einem Dennerle Eckfilter. Für die Zeit ihrer Abwesenheit hatte seine Besitzerin zusätzlich einen Hang on angebracht - in der Hoffnung, dass die doppelte Filterung für gutes Wasser sorgt und die Nachbarin entlastet. Gefüttert wurde er primär mit Frostfutter und verschiedenen Pellets. Mitbewohner waren PHS und Neocaridina (daneben gab es noch ein kleines Becken mit weiteren Neos, PHS und Blasenschnecken, dazu gleich mehr).
Die Nachbarin hatte mich schon auf Geschwüre an der Schwanzwurzel angesprochen. Mein sehr lieber und hilfsbereiter AQ-Bekanntenkreis (von denen einige auch schon KaFis hatten) ist zum Urteil "Humin geben und beobachten" gekommen. Ansonsten hat sie den Fisch immer als "faul" und "liegt nur rum" beschrieben. Ihrem Eindruck nach hatte er mit der Strömung zu kämpfen. Aber er hat das Frostfutter gefressen und auf sie reagiert. So war auch mein Eindruck, als ich ihn das erste mal gesehen habe. Wie lange es die Geschwüre schon gibt oder wie das Verhalten "vorher" waren, wissen wir leider nicht - die Besitzerin ist aktuell leider kommunikativ eingeschränkt.
Ansonsten war das Becken in keinem guten Zustand. Es lebte nur noch eine einzige, zwar große, aber sehr blasse Neo neben den PHS. Der Boden war ziemlich versüfft, überall lag brauner Schleim, Pflanzen waren teils verfault. Der Geruch war.... büarghs. Der Eckfilter war komplett verstopft und pustete nur noch braune Brühe. Der Hang on saß mit dem braunen Schleim zu. Das zweite Becken war noch schlimmer - die Besitzerin hatte Licht und Filter ausgestöpselt, die Nachbarin wusste nicht mal, dass noch Tieren drin waren (hier habe ich 5 Neos und ein paar PHS und Blasenschnecken raus retten können).
So sah das Becken vor dem Umzug aus:
Situation bei uns in Pflege:
Der Boden wurde durch braunen Kies, gemischt mit schwarz, ersetzt - leider gröber als mir lieb wäre, vor Ort hätte es spontan sonst nur Sand oder Soil gegeben (oder weißen, feinen Kies).
Beleuchtung 8 Stunden am Stück, dafür die Lampe leicht gedrosselt. Temperatur weiter 25 Grad. Wasser aktuell GH 14, KH 12, pH 7,7. Seemandelbaum, Erlenzapfen und fl. Humin sind drin. Jede Woche 50% WW. Den Wasserspiegel habe ich ein Stück abgesenkt.
Pflanzen sind zum größten Teil aus dem alten Becken übernommen (gründlich gewaschen und beschnitten), ergänzt um schnellwachsende Pflanzen und Schwimmpflanzen von mir, plus Drachenstein und Deko. Da kommt noch mehr rein, das ist gerade in Quarantäne (z.B. Moos, Tang). Das Becken sieht auf dem Bild schön grün aus - das täuscht aber, weil die Rückfolie "Dschungel" zeigt. Es muss noch einiges an Pflanzenwuchs passieren.
Von den beiden Filtern läuft nur noch der Hang on - mit einem dicken, feinen Schwamm am Steigrohr und einem Schwamm am "Wasserfall", so dass es möglichst wenig Strömung gibt. Das Filtermaterial werde ich jetzt nach und nach gegen frisches tauschen (Schwämme und Fluval Biomax).
An Mitbewohnern sind alle Neos und Schnecken "von zuhause" drin - alle fit und aktiv, alle Neo-Damen kugelrund. Nemesis guckt gerne, hat aber noch keine Anstalten gemacht, seine Mitwohnis fressen zu wollen (mal schauen, was er zum Neo-Nachwuchs sagt).
Gefüttert wird primär Lebendfutter - v.a. Rote Mückenlarven und Grindals. "Schwimmendes" Futter wie weiße MüLas, Artemia oder Wasserflöhe gibt es zusätzlich, aber siehe unten. Von Frostfutter bin ich einfach nicht so der Fan... Es liegt aber im Kühler, für den Fall der Fälle. Auf Pellets oder Flocken hat er hier noch nicht reagiert.
Und wo ist jetzt das Problem?
Zu Beginn war Nemesis natürlich maximal scheu. Ich hatte schon große Sorge, dass er sich während der Fahrt verletzt hat (ich Depp habe eine Fauna-Box statt Tüte für den Transport genommen und er ist im Auto ordentlich rumgeschwappt).
Nach und nach zeigte sich aber, dass er hier schlicht genauso "faul" war wie zuhause: Er rutscht primär auf dem Boden rum. Bauch- und Afterflossen sind entsprechend zerrupft. Auch die Brustflossen wirken angegriffen (ob das rein am Bauchrutschen liegt oder gar Flossenfäule ist, kann ich nicht beurteilen). Grundsätzlich kann er schwimmen und kommt selbstständig an die Wasseroberfläche. Mehr und mehr liegt er auch auch / auf in den Pflanzen und nicht mehr ausschließlich auf dem Kies. Aber so richtig "frei schwimmen" ist nicht. Ob er eine Macke an der Schwimmblase hat, kann ich nicht sagen - wenn er schwimmt, hält er die Position / kippt weder nach vorne oder zur Seite weg. Zur Wasseroberfläche schwimmt er mit kräftigem "Wedeln", an unten lässt er sich eher gleiten. Auf dem Boden lässt er sich gerne zur Seite "plumpsen" - das wirkt aber eher "faul" als "schwach". Auch ist er super beweglich und kann sich verbiegen wie eine Brezel. Am Futter arbeiten wir. Am Anfang gab es natürlich das gewohnte Frostfutter - gefüttert mit der Pinzette direkt vor die Nase, danach jagen ist nicht. Mittlerweile gibt es fast nur noch Lebendfutter - zu Beginn wieder mit Pinzette. Mittlerweile mit Plastik-Pipette, weil er in die Pinzette immer rein beißt. Bzw. gibt es die roten MüLas und Grindals seit einer Woche in einer Futterschale im Kies, damit er mehr "tun" muss. So langsam begreift er auch, dass die Schale was mit Futter zu tun hat, legt sich aktiv rein und wartet - nicht sofort, erst wartet er auf die Pipette vor seiner Nase, aber es wird. Allerdings ist das "tun" nicht so einfach. Er reagiert auf das Futter (sowohl am Boden, wie auch direkt vor seiner Nase schwimmend), sein Jagderfolg ist er bescheiden. Er peilt das Futter an und schnappt dann in 80% der Fälle daneben. Auch mit der Pipette muss man perfekt timen, dass er das Futter erwischt - sonst schwimmt es an ihm vorbei. An der Wasseroberfläche jagt er gar nicht, es muss schon nah am Boden sein. Ich könnte ihn jetzt natürlich weiter mit Pipette füttern - aber ich will sehen, ob er aktiver sein kann oder es einfach nicht geht.
Insgesamt reagiert er auf seine Umwelt, versucht zu jagen und kann spitzenmäßig betteln. An manchen Tagen kann er sehr zielgerichtet schwimmen (z.B. durch das betta log durch) und kommt an die Scheibe geschwommen / gerutscht, sobald er uns im Flur sieht. An anderen Tagen muss man ihn sogar zum Füttern erst raus locken, weil er auf Nahrung-frei-Nase wartet - wieder eher "faul" als "passiv". Ist er aufgeregt, atmet er entsprechend heftiger, liegt er rum, wird die Atmung ruhiger - also so, wie ich es erwarten würde. Ich finde ihn insgesamt aktiver und optisch "kräftiger" als direkt nach dem Umzug. Nur halt platt auf dem Boden.
Hier mal ein paar Fotos vom Kleinen. Nicht tag-aktuell, aber man kann hier mehr erkennen.
Und was soll der Roman jetzt?
Natürlich machen wir uns Sorgen, dass er "etwas hat". Nur was? Und was könnte man dagegen tun? Wie gesagt gibt es Humin ins Wasser. Zusätzlich Voogle in geringer Dosierung. Andere Mittel oder Medikamente bisher nicht, solange ich keine Idee habe, was gut / hilfreich sein könnte.
Oder kommt das Bauchrutschen einfach mal vor, ist aber nicht schlimm?